GGM-12-2019

Kassenvorschriften aktuell: Nichtbeanstandungserlass

Erschienen im Gastgewerbe Magazin Ausgabe 12/2019

 

Das Bundesfinanzministerium hat, wie erwartet, mit Schreiben vom 06. November 2019 einen sogenannten Nichtbeanstandungserlass erlassen. Grundsätzlich ist dies auf der Grundlage der objektiven Unmöglichkeit der Umrüstung der ca. 2 bis 3 Millionen im Einsatz befindlichen Kassen mit den sogenannten Sicherheitseinrichtungen geschehen.

Die Vorschrift bezüglich der Sicherheitseinrichtungen an Kassen, ist im § 146a (Ordnungsvorschrift für die Buchführung und für Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme) geregelt.

Demnach muss, wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwenden, das jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall und anderen Vorgang einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet. Das elektronische Aufzeichnungssystem und die digitalen Aufzeichnungen sind durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen, welches aus:

-          einem Sicherheitsmodul,

-          einem Speichermedium und

-          einer einheitlichen digitalen Schnittstelle

bestehen.

Die digitalen Aufzeichnungen sind auf dem Speichermedium zu sichern und für Nachschauen sowie Außenprüfungen durch elektronische Aufbewahrung verfügbar zu halten.

Am 02.08.2019 war die dazu erforderliche Zusammenstellung der Beschlüsse und Bundeskonventionen zu den Standardtabellen im Bereich der Kassenbuchhaltung - Digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme (DSFinV-K) – veröffentlicht worden.

Demnach beschreibt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in der Technischen Richtlinie BSI TR-03153 die erforderlichen Funktionen der Einbindungsschnittstelle vor. Diese Schnittstelle ermöglicht die Integration der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung in das elektronische Aufzeichnungssystem.

Diese Grundlage brauchen alle Kassenhersteller oder Lieferanten der entsprechenden Software, um die Sicherheitseinrichtung zu programmieren bzw. einzubinden.

Das selbstredend die im Gesetz vorgegebene Frist zum Jahresende 2019 nicht ausreichend war, hat nunmehr auch das Finanzministerium entsprechend gewürdigt.

Natürlich hätte auch eine gesetzliche Regelung für die Schaffung bzw. Verlängerung einer Übergangsfrist gewählt werden können, was jedoch nicht geschehen ist.

Mit diesem, nun vorliegenden, Nichtbeanstandungserlass gilt formal das im Gesetz normierte, nur die Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben), regelt eben die Ausnahme.

Insofern ist jeder Steuerpflichtige, der aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, weiterhin verpflichtet, die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen. Dies bedeutet im Zweifel grundsätzlich die Verpflichtung des Unternehmers, die Umsetzung der gesetzlichen Regelung entsprechend zu realisieren und alles zu unternehmen, das eine Umsetzung, also die Realisierung der Sicherheitseinrichtung, ohne schuldhaftes Zögern, zu gewährleisten ist.

Insofern muss der Kassenhersteller (oder Softwareanbieter) nachweislich angefragt werden, wann für das im Einsatz befindliche System, entsprechende Sicherheitseinrichtungen verfügbar sind und wie und wann eine entsprechende Umrüstung erfolgen kann.

Insofern heißt es im vorbenannten BMF-Schreiben:

„Zur Umsetzung einer flächendeckenden Aufrüstung elektronischer Aufzeichnungssysteme im Sinne des § 146a AO wird es nicht beanstandet, wenn diese elektronischen Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen.“ 

Neben der Vorschrift zur Sicherheitseinrichtung an Kassen, gilt ebenso eine Mitteilungspflicht an das zuständige Finanzamt. Dies ist im § 146a Absatz 4 normiert.

Demnach muss, wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, dem zuständigen Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck nachfolgende Informationen mitteilen:

1.      Name des Steuerpflichtigen,

2.      Steuernummer des Steuerpflichtigen,

3.      Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,

4.      Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

5.      Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,

6.      Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

7.      Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

8.      Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.

Diese Mitteilung ist innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erstatten.

Die Mitteilungspflicht gilt nicht für Registrierkassen, für die die Übergangsregelungen bis zum 31.12.2022 Anwendung finden.

Von der Mitteilung nach § 146a Absatz 4 AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen. Der Zeitpunkt des Einsatzes der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit wird I gesondert bekannt gegeben. Insofern ist die Mitteilungspflicht entsprechend ausgesetzt.

Ungeachtet dessen gilt zum 01.01.2020 eine Belegausgabepflicht. Die Belegausgabepflicht hat ab 1.1.2020 derjenige zu realisieren, der Geschäftsvorfälle mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems i. S. d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO erfasst (BMF Schreiben vom 11.07.2019 RN 6.1).

Geschäftsvorfälle sind alle rechtlichen und wirtschaftlichen Vorgänge, die innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts den Gewinn bzw. Verlust oder die Vermögenszusammensetzung in einem Unternehmen dokumentieren oder beeinflussen bzw. verändern (BMF Schreiben vom 11.07.2019 RN 16). Damit betrifft dies im Grundsatz jede Speise, jedes Getränk und jede sonstige Dienstleistung oder Handelsware im Rahmen des Verkaufsvorganges.

Dabei muss jedoch zwischen der Erfassung des einzelnen Vorganges in der Kasse und der Erzeugung einer Rechnung (Belegausgabe) für Personen, Tische oder auch Veranstaltungen, unterschieden werden. Die Belegausgabepflicht bezieht sich dabei auf einen Gesamtvorgang. Dieser umfasst selbstredend die einzelnen bestellten Waren, welche zu erfassen und in der zu erstellenden Rechnung einzeln aufzuführen sind.

An die am Geschäftsvorfall Beteiligten muss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften ein Beleg über den Geschäftsvorfall ausgestellt und dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten zur Verfügung gestellt werden (Belegausgabepflicht - § 146a Absatz 2). Dies bedeutet im Gastgewerbe eine Rechnungserstellung zur Zahlung.

Bei der Zurverfügungstellung eines Papierbelegs reicht das Angebot zur Entgegennahme aus, wenn zuvor der Beleg erstellt und ausgedruckt wurde. Eine Pflicht zur Annahme des Belegs durch den Kunden sowie zur Aufbewahrung besteht nicht. Es besteht keine Aufbewahrungspflicht des Belegausstellers für nicht entgegengenommene Papierbelege (BMF Schreiben vom 11.07.2019 RN 6.8).

Eine Ausnahme von der Belegausgabepflicht besteht nur beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen. Jedoch muss dazu gemäß § 148 AO ein Antrag an das zuständige Finanzamt gestellt werden. Dieses kann aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Belegausgabepflicht befreien. Die Befreiung kann widerrufen werden.

Eine Befreiung i. S. d. § 148 AO kann nur für den jeweiligen Einzelfall beantragt und gewährt werden. Eine Befreiung kommt nur dann in Betracht, wenn nachweislich eine sachliche oder persönliche Härte für den einzelnen Steuerpflichtigen besteht. Die mit der Belegausgabepflicht entstehenden Kosten stellen für sich allein keine sachliche Härte im Sinne des § 148 AO dar (BMF Schreiben vom 11.07.2019 RN 6.9) dar.

Die Befreiung von der Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 AO entbindet den Unternehmer nicht von dem Anspruch des Kunden auf die Ausstellung einer Quittung (§ 368 BGB -BMF Schreiben vom 11.07.2019 RN 6.9).

Wenn ein Beleg ausgegeben wird, gelten für diese entsprechenden Mindestanforderungen. Diese sind im § 6 Kassensicherungsverordnung normiert:

Ein Beleg muss mindestens enthalten:

1.             den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,

2.             das Datum der Belegausstellung und den Zeitpunkt des Vorgangbeginns im Sinne des § 2 Satz 2 Nummer 1 sowie den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung im Sinne des § 2 Satz 2 Nummer 6,

3.             die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,

4.             die Transaktionsnummer im Sinne des § 2 Satz 2 Nummer 2,

5.             das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt und

6.             die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls.