VERFAHRENSDOKUMENTATION – IMMER WIEDER NEUE VORSCHRIFTEN …
Die Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten in unserem Land dürfen schon vereinfacht und liebevoll dargestellt, als kompliziert gelten. Da liegt es natürlich in der Natur der Sache, dass gerade die unsere Branche prägenden Klein- und Kleinstunternehmen vor Herausforderungen stehen, die nur sehr schwer zu meistern sind.
Im Dezember 2016 trat das Gesetz zum Schutz der digitalen Grundaufzeichnungen in Kraft. Der Name ist dabei Programm. Nunmehr müssen seit dem 01.01.2017 Unterlagen die mittels elektronischer Registrierkassen erstellt worden sind, für die Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufbewahrt werden (§ 147 Abs. 2 AO).
Ferner gilt eine Einzelaufzeichnungspflicht, wonach aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle laufend zu erfassen, einzeln festzuhalten sowie aufzuzeichnen und aufzubewahren sind, sodass sich die einzelnen Geschäftsvorfälle von Beginn an verfolgen lassen. Eine Ausnahme davon besteht aus Zumutbarkeitsgründen nur beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung. Dies ist im Alltagsgeschäft in einem Restaurant jedenfalls regelmäßig für den Einzelfall gegeben, aber bei Familienfeiern, Bankettveranstaltungen usw. jedoch nicht.
Gleichwohl bedeutet dies nicht, das Vorgänge (Verkauf von Speisen und Getränken) in einer Registrierkasse nicht einzeln zu erfassen sind. Seit dem 01.01.2018 gibt es mit der Kassen-Nachschau (§ 146b AO) ein neues Rechtsinstitut. Damit können zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten, Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können. Allein dieser Regelungsgehalt eröffnet den Finanzbehörden ein sehr weites Prüfungsfeld.
Im dazu ergangenen Anwendungserlass (BMF Schreiben vom 29. Mai 2018) wird ausgeführt, dass auf Anforderung des Amtsträgers die Verfahrensdokumentation zum eingesetzten Aufzeichnungssystem einschließlich der Informationen zur zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung vorzulegen ist, d.h., es sind Bedienungsanleitungen, Programmieranleitungen und Datenerfassungsprotokolle sowie durchgeführte Programmänderungen vorzulegen.
Es kann also grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Finanzämter im Rahmen der Kassen-Nachschau auch eine Verfahrensdokumentation fordern und entsprechend prüfen werden.
Was also ist eine Verfahrensdokumentation und wo ist diese rechtlich geregelt?
Das Bundesministerium der Finanzen hat im Schreiben vom 14. November 2014 Vorgaben zur Betriebsprüfung gemacht. Da sich demnach die Ordnungsmäßigkeit neben den elektronischen Büchern und sonst erforderlichen Aufzeichnungen auch auf die damit in Zusammenhang stehenden Verfahren und Bereiche des Datenverarbeitungs-Systems bezieht, muss dafür eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation vorhanden sein, auch der Inhalt, Aufbau, Ablauf und die Ergebnisse des Datenverarbeitungs-Verfahrens müssen vollständig und schlüssig ersichtlich sein. Der Umfang, der im Einzelfall erforderlichen Dokumentation, wird dadurch bestimmt, was zum Verständnis des Datenverarbeitungs-Verfahrens, der Bücher und Aufzeichnungen sowie der aufbewahrten Unterlagen notwendig ist.
Die Verfahrensdokumentation muss verständlich und damit für einen sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachprüfbar sein. Also gilt diese Vorschrift zur Verfahrensdokumentation bereits seit 2014.
Eine Verfahrensdokumentation beschreibt den organisatorisch und technisch gewollten Prozess, z. B. bei elektronischen Dokumenten von der Entstehung der Informationen über die Indizierung, Verarbeitung und Speicherung, dem eindeutigen Wiederfinden und der maschinellen Auswertbarkeit, der Absicherung gegen Verlust und Verfälschung und der Reproduktion.
Die Verfahrensdokumentation besteht in der Regel aus einer allgemeinen Beschreibung, einer Anwenderdokumentation, einer technischen Systemdokumentation und einer Betriebsdokumentation.
Der Bundesfinanzhof hat im Urteil (BFH vom 25.03.2015 - X R 20/13) in einem 5. Leitsatz, gleichwohl diese Thematik gar nicht verfahrensrelevant war, geurteilt:
Bei einem programmierbaren Kassensystem stellt das Fehlen der aufbewahrungspflichtigen Betriebsanleitung sowie der Protokolle nachträglicher Programmänderungen einen formellen Mangel dar, dessen Bedeutung dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse oder dem Fehlen von Kassen-berichten bei einer offenen Ladenkasse gleichsteht und der daher grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt.
Insofern kann nur dringend dazu geraten werden, eine Verfahrensdokumentation, wo diese noch nicht vorhanden ist, zu erstellen und alle Handbücher, Programmieranleitungen und Dokumentationen für eine Kasse vorzuhalten und aufzubewahren.
Erschienen im Gastgewerbe Magazin 09/2018.